Messgenauigkeit, Präzision und Rauschen bei Gassensoren

Einführung

Die «Genau­ig­keit» ist eines der wich­tigs­ten Qua­li­täts-Kri­te­ri­en eines Gas­sen­sors. Aber manch­mal wird eher „Prä­zi­si­on“ statt „Genau­ig­keit“ bei Sen­so­ren benö­tigt. Und lei­der muss in der Pra­xis eine hohe Mess­ge­nau­ig­keit oft durch eine Reduk­ti­on der Prä­zi­si­on erkauft werden.

Fol­gend wer­den die Begrif­fe defi­niert und in Bei­spie­len auf­zeigt, in wel­chen Anwen­dun­gen „Genau­ig­keit“ gefor­dert ist und wo Prä­zis­si­on. Und zuletzt Wege auf­ge­zeigt, wie die Per­for­mance von Gas­sen­so­ren ver­bes­sert wer­den kann.

Wichtige Begriffe

Messgenauigkeit

Unter Mess­ge­nau­ig­keit (engl. Accu­ra­cy) wird gemeint, wie nah eine Mes­sung der Kon­zen­tra­ti­on an der rea­len Gas­kon­zen­tra­ti­on ist (Defi­ni­ti­on gemäss ISO 5725–1 [2]). Der Feh­ler e = | xm – xr | bezeich­net dabei die Distanz zwi­schen dem Mess­wert xm und dem rea­lem Wert xr . Eine hohe Mess­ge­nau­ig­keit bedeu­tet einen klei­nen Feh­ler e.

Präzision

Da jede Mes­sung einem gewis­sen Zufall unter­steht, wer­den meh­re­re kurz hin­ter­ein­an­der durch­ge­führ­te Mes­sun­gen von der­sel­ben Gas­mi­schung leich­te Mess­ab­wei­chun­gen haben. Dies wird auch als Rau­schen xnoi­se des Sen­sors bezeich­net. Wenn die­se Abwei­chun­gen rein zufäl­lig und unab­hän­gig von ande­ren Mess­grös­sen sind, wer­den die­se Mess­wer­te eine sta­tis­ti­sche Gauss­ver­tei­lung um den Mit­tel­wert μ haben. Sind die repe­ti­ti­ven Mes­sun­gen nah bei­ein­an­der, spricht man von hoher Prä­zi­si­on, oder umge­kehrt von tie­fem Rau­schen xnoi­se

Hohe Prä­zi­si­on, schlech­te Genauigkeit:

HighPrecision_lowAccuracy

Hohe Genau­ig­keit, tie­fe Präzision:

Accuracy precision

 

Das Rau­schen xnoi­se wird defi­niert als die 1σ-Brei­te in der Gauss­ver­tei­lung Χ aller Mess­wer­te von einer rea­len Grös­se xr, ent­spre­chend der sta­tis­ti­schen Stan­dard­ab­wei­chung der Mess­wer­te xm um den Mit­tel­wert xm .

Measurement_vs_probability

Detail der Wahr­schein­lich­keits­ver­tei­lung χ of eines ver­rausch­ten Signa­les um den Mit­tel­wert xm in Rela­ti­on zu der rea­len Kon­zen­tra­ti­on xr mit dem Mess­feh­ler e:

Messgenauigkeit: Systematische Fehler

Sys­te­ma­ti­sche Mess­feh­ler defi­nie­ren die Mess­ge­nau­ig­keit des Gas­sen­sors. Bei meh­re­ren hin­ter­ein­an­der durch­ge­führ­ten Mes­sun­gen wird der abso­lu­te, sys­te­ma­ti­sche Mess­feh­ler immer gleich blei­ben (inner­halb der Präzisionsgrenzen).

Mögliche Ursachen von systematischen Messfehlern

Alterung und Verschleiss

Die Mess­ge­nau­ig­keit ver­än­dert sich auch mit der Zeit durch:

  • Ver­än­de­rung der Sen­so­rik durch Alterung
  • Ver­än­de­rung der Mess­op­tik nach Kali­bra­ti­on, z.B. durch Ver­schmut­zung und Ablagerungen

Die­se lang­sa­men Ver­än­de­run­gen der Gas­sen­so­ren wer­den zum Teil kom­pen­siert oder kön­nen durch Nach­ka­li­bra­ti­on des Sen­sors kor­ri­giert werden.

Statische und dynamische Temperaturfehler

Es ist zu unter­schei­den zwi­schen sta­ti­schen Betriebs­tem­pe­ra­tur TG und der dyna­misch sich ändern­den Betriebs­tem­pe­ra­tur ΔTG/min.

  • Durch sta­ti­sche Betriebs­tem­pe­ra­tur TG indu­zier­te Feh­ler wer­den von gosen­se Gas­sen­so­ren intern kom­pen­siert. Der resul­tie­ren­de Feh­ler über den gan­zen Tem­pe­ra­tur­be­reich ist typi­scher­wei­se klei­ner 1% des Mess­wer­tes. Dies schliesst Ver­än­de­run­gen der Sen­so­rik ein, aber auch phy­si­ka­li­sche Ver­än­de­rung der Infra­rot­ab­sorp­ti­on des Gases.
  • Durch dyna­mi­sche Ver­än­de­run­gen ΔTG/min indu­zier­te Feh­ler füh­ren zu Hys­te­re­se der Gas­mes­sung und kön­nen schlecht vom Mess­si­gnal unter­schie­den wer­den. Dem­entspre­chend wer­den dyna­mi­sche Tem­pe­ra­tur­feh­ler nicht kor­ri­giert. Dies betrifft Tem­pe­ra­tur­gra­di­en­te der Sen­so­ren grös­ser 0.5°C/min.
Tip

Für eine opti­ma­le Per­for­mance sol­len Gas­sen­so­ren mög­lichst tem­pe­ra­tur­sta­bil betrie­ben werden.

Präzision: Stochastische Messfehler

Sto­chas­ti­sche Mess­feh­ler ent­ste­hen durch nicht vor­aus­seh­ba­re Fluk­tua­tio­nen des Mess­si­gna­les, ent­spre­chend einem sta­tis­ti­schen Rau­schen. Die­se defi­nie­ren die Prä­zi­si­on, frü­her auch „Repe­tier­bar­keit“ genannt.

Haupt­ur­sa­chen sind:

  • Ther­mi­sches Quan­ten­rau­schen in Elementen
  • Digi­ta­li­sie­rungs­rau­schen
  • Pho­to­nen­rau­schen
  • Druck­schwan­kun­gen des Gases im Side-Stream Flow

Das Signal­rau­schen ent­spricht bei Sen­so­ren von gosen­se einer Gauss­ver­tei­lung mit der Stan­dard­ab­wei­chung σ und ist band­be­grenzt mit der Fre­quenz fLP.

Verbesserung der Präzision durch Mittelung

Die Prä­zi­si­on einer Mes­sung kann ver­bes­sert wer­den indem das Rau­schen redu­ziert wird durch Mit­te­lung über meh­re­re kurz hin­ter­ein­an­der durch­ge­führ­te Mes­sun­gen. So wird der Signal-zu-Rausch Abstand (SNR) erhöht.

Als Faust­re­gel gilt: Eine Ver­vier­fa­chung der Zeit der Mit­tel­werts­bil­dung ergibt eine dop­pelt so guten SNR.

Theo­re­tisch kann unend­lich prä­zi­se gemes­sen wer­den wenn das Mess­si­gnal nur unend­lich lan­ge gemit­telt wird. Dies ist aber in der Pra­xis natür­lich limi­tiert durch sys­te­ma­ti­sche Mess­ge­nau­ig­keits­feh­ler wie Drift. Die maxi­mal sinn­vol­le Zeit für die Mit­tel­werts­bil­dung des Signals für einen Gas­sen­sor wird durch die Allan-Vari­anz definiert.

Bei gosen­se Sen­so­ren kann zwi­schen schnel­ler Reak­ti­ons­zeit und erhöh­ter Prä­zi­si­on gewählt wer­den. Dies indem die Mit­te­lungs­zeit bei gosen­se Sen­so­ren als Aus­gangs­fil­ter von 150 msec bis eini­gen Sekun­den digi­tal ein­ge­stellt wer­den kann.

Detektionsschwelle und Rauschen

Mit dem Begriff „Detek­ti­ons­schwel­le“ ist die kleins­te Kon­zen­tra­ti­ons­än­de­rung eines Gases gemeint, die noch zuver­läs­sig detek­tiert und gemel­det wer­den kann. Die Detek­ti­onschwel­le ist typi­scher­wei­se durch das Rau­schen eines Sen­sors limitiert.

Da das Rau­schen eine Gauss­ver­tei­lung hat, kann eine Kon­zen­tra­ti­ons­än­de­rung des Gases über der Detek­ti­ons­schwel­le von 3σ des Rau­schens mit 99.7% Wahr­schein­lich­keit detek­tiert wer­den. Oder anders aus­ge­drückt: nur jede drit­te Mes­sung von 1000 Mes­sun­gen ergibt eine Falsch­mel­dung bezüg­lich Über­schrei­ten der Detektionsschwelle.

Anwendung und Anforderungen

Nicht in allen Anwen­dun­gen sind Gas­sen­so­ren mit maxi­ma­ler Mess­ge­nau­ig­keit gefor­dert: Zum Bei­spiel über­all dort, wo eine Refe­renz­gas­mi­schung wie Umge­bungs­luft vor­han­den ist, kann eine schlech­te Mess­ge­nau­ig­keit des Sen­sors durch Nul­len des Sen­sors kom­pen­siert werden.

Umge­kehrt kann mit einem sehr genau­en Sen­sor, der aber gros­ses  Rau­schen auf­weist, Ände­run­gen der Kon­zen­tra­ti­on unter dem 3σ Level des Rau­schens nicht zuver­läs­sig detek­tiert werden.

Aus die­sem Grund hat fast jede Anwen­dung ein ande­res, opti­ma­les Set­up eines Gassensors.

Hohe Prä­zi­si­on und wenig Rauschen:

  • Gas­leck Detektion
  • Ver­pa­ckungs­in­dus­trie: Dichtheitstest
  • TOC Fest­stoff­ana­ly­sen

Hohe Mess­ge­nau­ig­keit absolut:

  • Pro­zess­steue­rung
  • Bio-Gas Mes­sung
  • Gas­rein­heit in Pipe­lines Verteilnetzen
  • Medi­zi­ni­sche Atem­gas­mes­sung CO2

Quellen

[1] DIN 55350–13: „Con­cepts in qua­li­ty and sta­tis­tics; con­cepts rela­ting to the accu­ra­cy of methods of deter­mi­na­ti­on and of results of determination“

[2] ISO 5725–1 : „Accu­ra­cy (true­ness and pre­cis­i­on) of mea­su­re­ment methods and results – Part 1: Gene­ral prin­ci­ples and definitions.“